Badarchitektur im demografischen Wandel



Im Laufe eines Lebens wandeln sich die Ansprüche, Bedürfnisse und Wünsche der Menschen. In der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus macht sich dies insbesondere im Badezimmer bemerkbar. Denn die frühere Nasszelle ist längst nicht mehr nur ein Ort der Körperhygiene, sondern bietet gleichzeitig Raum zum Wohlfühlen, Entspannen und Regenerieren. Damit das Badezimmer lebenslang Freude bereitet, sind neben einer vorausschauenden Planung Sanitärlösungen gefragt, die sich flexibel auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen einstellen.

Der demografische Wandel stellt die deutsche Wohnungswirtschaft vor tiefgreifende Herausforderungen: Lediglich fünf Prozent aller deutschen Wohnungen sind altersgerecht – bei kontinuierlich steigendem Bedarf an eben solchem Wohnraum. Was viele dabei vergessen: Was als altersgerecht bezeichnet wird, kommt auch Kindern und jüngeren Erwachsenen zu Gute. Denn gerade im Badezimmer machen fehlende Einstiegskanten und großzügige Bewegungsflächen den Aufenthalt in allen Lebensphasen angenehmer.
Bodengleiche Duschen sind beispielsweise inzwischen fest etablierter Standard, denn diese verzichten auf störende Kanten und vergrößern das Badezimmer gleichzeitig optisch. Sie sind somit nicht nur perfekt für jede Lebensphase geeignet, sondern auch ein echtes Designelement im Bad. Eine vorausschauende Planung hilft dabei, das Badezimmer so zu gestalten, dass es in allen Lebensphasen selbständig genutzt werden kann und langfristig gefällt. Schon kleine Veränderungen wie eine Sitzgelegenheit, clevere Relingsysteme zum Festhalten oder rutschhemmende Oberflächen schaffen ein spürbares Plus an Komfort und Sicherheit. Flexibel höhenverstellbare Waschtisch- und WC-Elemente passen sich darüber hinaus auf Knopfdruck an die gewünschte Höhe an. WCs können so je nach Bedarf und Nutzer nach oben oder unten verstellt werden und erleichtern das Aufstehen, während Waschtische durch eine tiefere Einstellung auch im Sitzen oder von Kindern bequem genutzt werden können. Auch die zunehmende Digitalisierung bietet zahlreiche Features, die mehr Komfort und Sicherheit ermöglichen: Integrierte Heißwasserbegrenzungen und elektronische Bedienpaneele beugen beispielsweise Verbrennungen durch gradgenaue Temperaturregelungen vor.

„Wir benötigen Lösungen, die sich flexibel an die Bedürfnisse anpassen“
Wolfgang Burchard, Sprecher von Blue Responsibility

RAS: Herr Burchard, welche Elemente muss ein nachhaltiges Badezimmer in sich vereinen?
Wolfgang Burchard: Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Fester Bestandteil sind beispielsweise umweltschonende Produktionsprozesse, der Einsatz innovativer Technologien, geprüfte Sicherheit nach höchsten Standards, die Auswahl der richtigen Werkstoffe sowie wasser- und energiesparende Produkte. Nachhaltigkeit im Badezimmer findet ihren Ausdruck aber auch im Design und in der Badarchitektur. Diese Komponenten bezeichnen wir als soziale Nachhaltigkeit.

RAS: Was genau verstehen Sie unter sozialer Nachhaltigkeit?
Burchard: Soziale Nachhaltigkeit heißt für uns, dass sich eine Produktlösung nicht nur an ökonomischen und ökologischen Kriterien ausrichtet, sondern auch an den Bedürfnissen der Menschen. Das bedeutet, dass Produkte beispielsweise durch Technologisierung niemals so kompliziert werden dürfen, dass ihre Nutzer sie nicht mehr bedienen können. In Bezug auf das Thema Wassersparen muss also ein Mittelweg zwischen dem Wunsch nach Komfort und der Maxime Wassersparen gefunden werden, denn keiner freut sich über eine tröpfelnde Dusche anstelle eines vollen Wasserstrahls. Im Bezug auf Badarchitektur heißt es, dass ein Bad auch dem ästhetischen Anspruch gerecht werden muss, damit sich der Nutzer rundum wohlfühlt.

RAS: Wie schätzen Sie die aktuelle Situation auf dem Wohnungsmarkt hinsichtlich generationsübergreifender Bäder ein?
Burchard: Aktuell orientieren sich Architektur und Wohnungsbau vor allem an den Anforderungen und Ansprüchen jüngerer, gesunder, im Arbeitsleben stehender Erwachsener und vernachlässigen damit häufig die Bedürfnisse von Kindern genauso wie die von älteren Menschen. Aber auch wenn demografische Entwicklungen berücksichtigt werden, konzentriert sich das Denken in der Regel auf stereotype Altersbilder, die der Heterogenität der Bedürfnisse kaum gerecht werden. Benötigt werden Lösungen, die sich flexibel an individuelle Bedürfnisse anpassen.

RAS: Worin liegen die besonderen Herausforderungen eines generationsübergreifenden Badkonzeptes?
Burchard: Eine der größten Herausforderungen liegt sicher darin, den Endkunden für das Thema zu sensibilisieren, sodass dem Badezimmer bei der Planung eine entsprechende Bedeutung und damit auch eine entsprechende Größe eingeräumt wird, um später die nötige Flexibilität zu haben. Wer heute ein Badezimmer plant, muss sich darüber im Klaren sein, dass er es voraussichtlich die nächsten 20 Jahre nutzen wird.

RAS: Wie können generationsübergreifenden Lösungen konkret aussehen?
Burchard: Entscheidend für ein langfristig nutzbares Badezimmer ist es, dass nicht der Mensch im Laufe des Lebens seine Gewohnheiten ändern muss, sondern dass sich das Badezimmer flexibel den geänderten Bedürfnissen anpasst. Dabei spielen beispielsweise höhenverstellbare Elemente, unterfahrbare Waschtische, das Vermeiden von Kanten sowie ausreichend Möglichkeiten zum Sitzen und Festhalten eine wichtige Rolle. Damit später großzügige Bewegungsfläche zur Verfügung stehen, sollten diese von Beginn an eingeplant werden. Richtig eingesetzt unterstützen auch digitale Hightech-Lösungen im Bad die eigenständige und sichere Nutzung für alle Generationen und erleichtern den Alltag. Das Schöne an generationsübergreifenden Bäder: Sie sind nicht nur nachhaltig und rundum praktisch, sondern wirken auch großzügig und elegant und sind damit ein echter Blickfang.